Der spezifische Marktwert ist mit entscheidend für die Höhe des Dienstleistungsentgeltes des Direktvermarkters. Doch was steckt dahinter und wie berechne ich den spezifischen Marktwert meiner Anlage?
Ihr Direktvermarkter verkauft den Strom aus Ihrer Anlage in der Regel am EPEX-Spotmarkt (Strombörse). Dafür zahlt er Ihnen eine garantierte Vergütung abzüglich seines Dienstleistungsentgeltes. Das Dienstleistungsentgelt deckt die Vermarktungskosten des Direktvermarkters ab. Dazu zählen z.B. Kosten für die Mitarbeiter*innen im Stromhandel, Kundendienst oder Kosten für die Bilanzkreisbewirtschaftung, denn der Direktvermarkter muss sicherstellen, dass sein Bilanzkreis jederzeit ausgeglichen ist. Während diese Kosten gut kalkulierbar sind und für alle Anlagen in ähnlicher Höhe anfallen, übernimmt ihr Direktvermarkter eine weitere Leistung für Sie: er übernimmt das Preisrisiko bei der Vermarktung. Das Preisrisiko ist je nach Anlagentyp und -standort sehr unterschiedlich und bestimmt damit maßgeblich die Höhe des Vermarktungsentgelts.
Ihr Direktvermarkter sichert Ihnen nämlich zu, Ihnen in jedem Fall den Monatsmarktwert für Ihren Energieträger auszuzuzahlen (=garantierte Vergütung). Dieser Monatsmarktwert ist ein Durchschnittspreis für einen Referenzpool an Anlagen. Der Monatsmarktwert für „Wind an Land“ betrug im Dezember 2021 z.B. 16,077 ct/kWh. Diese 16,077 ct/kWh erhielten folglich alle Onshore-Windenergieanlagen in der Direktvermarktung in Deutschland – unabhängig von ihrem individuellen Erzeugungsprofil.
Ein Direktvermarkter, der eine Onshore-Windanlage im Dezember 2021 vermarktet hat, hat aber am Spotmarkt nicht automatisch 16,077 ct/kWh erzielt. Stattdessen erzielt der Direktvermarkter für jede Stunde, die die Anlage in das Netz einspeist, einen anderen Börsenpreis. Wenn die Windanlage immer dann besonders viel Strom produziert hat, wenn die Preise am Spotmarkt hoch waren, konnte der Direktvermarkter mit der Anlage im Schnitt mehr als 16,077 ct/kWh verdienen. Hat die Anlage immer dann besonders viel Strom produziert, wenn die Preise am Spotmarkt niedrig waren, wird der Direktvermarkter mit der Anlage im Schnitt weniger als 16,077 ct/kWh eingenommen haben. Den Unterschied zwischen den tatsächlichen Erlösen der Anlage am Spotmarkt und den Auszahlungen in Höhe des Monatsmarktwertes bezeichnet man als spezifischen Marktwert.
Anhand eines fiktiven Beispiels wird der Unterschied deutlicher: Stellen Sie sich zwei Windenergieanlagen vor – Windenergieanlage A im Süden und Windenergieanlage B im Norden. Beide haben im Dezember 2021 500.000 kWh produziert. Die Betreiber der Anlagen bekommen von Ihren Direktvermarktern beide 80.000 € als Marktwert ausbezahlt – 16,077 ct x 500.000 kWh. Dank des vorteilhaften Einspeiseprofils der Anlage A, konnte der Direktvermarkter mit Anlage A jedoch 100.000 € am Spotmarkt einnehmen. Der spezifische Marktwert von Anlage A ist positiv und beträgt 4 ct/kWh, d.h. der Direktvermarkter hat im Schnitt 4 ct/kWh mehr eingenommen, als er dem Betreiber auszahlen muss. Der Direktvermarkter von Anlage B konnte am Spotmarkt nur 50.000 € Einnahmen erzielen. Da er trotzdem 80.000 € an den Betreiber auszahlen muss, macht er mit der Anlage einen Verlust. Der spezifische Marktwert im Beispiel B ist negativ und beträgt – 6 ct/kWh.
Wenn Sie den spezifischen Marktwert Ihrer Anlage kennen, können Sie also ein besseres Gefühl dafür entwickeln, ob das geforderte Dienstleistungsentgelt von Ihrem Direktvermarkter gerechtfertigt ist. Dabei ist zu beachten, dass der spezifische Marktwert Ihrer Anlage je nach Monat und über die Jahre schwankt. Eine Preiserhöhung Ihres Direktvermarkters kann beispielsweise mit einer Verschlechterung der Performance ihrer Anlage im Vergleich zum Gesamtmarkt und einem damit verbundenen Abfall des spezifischen Marktwertes zusammenhängen. Um mit Ihrer Anlage in der Zukunft keine Verluste zu machen, muss der Direktvermarkter in diesem Falls sein Dienstleistungsentgelt anheben.
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